Freitag, 29. Juni 2012

Australien schließt Adoptionsprogramm mit Äthiopien

Die amerikanische Elternorganisation PEAR berichtet, dass die australische Regierung ihr äthiopisches Adoptionsprogramm am 28.06.2012 geschlossen hat. Sie gibt als Begründung die andauernde Unsicherheit, Komplexität und Unvorhersehbarkeit der Situation in Äthiopien an.

Closure of Ethiopia Program - June 2012
Current as at – 28 June 2012
Key points:

  • Australia has closed its intercountry adoption program with Ethiopia, following several years of issues with the Program, a suspension of all adoptions between 2009 and early 2010, as well as long waits and uncertainty for Australian prospective adoptive parents.
  • The Australian Government has taken this difficult decision, in consultation with State and Territory Central Authorities.
  • The best interests and rights of children are the most important consideration for intercountry adoption programs.
  • The adoption environment in Ethiopia has become increasingly unpredictable, complex and uncertain, leaving many prospective Australian parents in limbo for years.
  • The Government has concluded that this uncertainty, combined with obstacles to operating the Program in a sustainable and ethical way into the future, means the Program needs to be closed.
  • The Australian Government has decided to close the Program at this time because it will not impact on any individual Ethiopian children as there are none currently referred to the Program.
  • The Australian Government will continue to support Ethiopia in ensuring that the rights of Ethiopian children are protected.
  • The Australian Government will also continue to support children adopted from Ethiopia and their families in maintaining their cultural links with Ethiopia.
  • Prospective adoptive parents who have paid fees to the Program will have their fees refunded in full. State and Territory Central Authorities will provide advice in relation to whether fees paid to them can be refunded.

Program update
The Ethiopia Program has consistently been Australia’s most complex and challenging program. Information gathered during the April/May 2012 delegation visit confirmed the significant challenges facing the Program.

Growing use of alternative forms of care for children in Ethiopia
Ethiopian children in need increasingly have alternative long-term care options made available to them in Ethiopia.
The Australian Government supports the Ethiopian Government’s efforts to pursue the best interests of their children by facilitating domestic adoptions, long-term foster care arrangements and assisting families in crisis.
Unfortunately for prospective adoptive parents outside Ethiopia, this means that it is likely that there will be fewer children referred for intercountry adoption. This makes the adoption environment challenging and unpredictable, resulting in lengthening waiting times and uncertainty in the adoption process.

Changes regarding children in need of adoption and increasing costs
Growing numbers of non-government adoption agencies operating in Ethiopia, and the closure of orphanages due to greater government scrutiny, has led to increased competition for referrals of Ethiopian children to intercountry adoption programs.
This environment makes it difficult for Australia’s Program to continue to operate in a sustainable and ethical manner.
Despite the best endeavours of the Program to manage its community development projects so that they meet both Ethiopian Government requirements and Australian Government standards, the changing environment will make this increasingly problematic in the future, placing additional strain on Program and Government resources.
The Australian Government is confident that, to date, the Program has operated in an ethical manner and it has no concerns in relation to children referred to the Program and adopted by Australian adoptive parents.
Rising costs for adoption program essentials (such as food and accommodation) mean that, if the program was to continue, prospective parents would also face increasing costs.

Arrangements with Service Provider
The Program and its service provider, Wide Horizons for Children, have come to the view that the changing conditions in Ethiopia mean that the volume of intercountry adoptions initially anticipated at the commencement of the arrangement is unlikely to be achieved.
Wide Horizons for Children has also advised that, in light of these changing circumstances, it has decided to partially reallocate its resources and shift more focus from adoptions to its humanitarian activities in Ethiopia.

As a result, the Program and Wide Horizons for Children have agreed to end their arrangement. Given the other issues confronting the Program, Australia will not replace the role of Wide Horizons for Children within the Program.

Donnerstag, 28. Juni 2012

Äthiopische Journalisten und Oppositionelle zu lebenslanger Haft verurteilt

Nach Presseberichten wurden Eskinder Nega, ein prominenter Journalist und Blogger, und Andualem Arage, ein Oppositionspolitiker, mit 22 anderen Äthiopiern zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Die Angeklagten wurden des Terrorismus schuldig gesprochen. Unter den Antiterrorgesetzen können Angeklagte auch zum Tode verurteilt werden.

Eskiner und Andualem wurden der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und der Planung terroristischer Anschläge beschuldigt. Andualem wurde auch als Anführer einer terroristischen Vereinigung verurteilt.

Eskinder wurde letztes Jahr verhaftet, nachdem er in einem Artikel den Einfluss des arabischen Frühlings auf Äthiopien thematisierte und die Verhaftung von Äthiopiern nach den Antiterrorgesetzen infrage stellte.

Im Mai war Eskinder Nega mit dem "Freedom to Write" Preis von Pen America ausgezeichnet worden.

Zwei Seminare

Zwei Seminare für Adoptiveltern und Adoptionsinteressierte finden im Herbst statt:

Ein Seminar über Anstrengungsverweigerung am 16.09.2012 in Hannover von und mit Dr. Bettina Bonus.

"Die Anstrengungsverweigerung ist eine der häufigsten und gleichzeitig gravierendsten Folgeschäden einer Frühtraumatisierung. Sie reicht von kleinen Bequemlichkeiten über zu Leistungsverweigerungen in der Schule bis zur Unfähigkeit sich vernünftig die Haare zu waschen oder den Po abzuwischen. Bis heute wird diese Folge in andere Schubladen gesteckt, mal spricht man von "Faulheit", mal von "Lernbehinderung", mal von "geistiger Behinderung". Damit wird man den frühtraumatisierten Kindern aber nicht gerecht." Bettina Bonus
Das zweite Seminar ist eine Fachtagung von Eltern für Kinder am 07.09.2012 in Frankfurt. Die Vorträge umfassen:


"10 Jahre Hager Adoptionsübereinkommen"

Wolfgang Weitzel,
Leiter der Bundeszentralstelle
für Auslandsadoption Bonn


"Adoptionsvermittlung aus Sicht der Herkunftsländer"
Somporn Poosala
Friends for All Children, Bangkok,
Thailand


"Auslandsadoption im Wandel der Zeiten"
Professor Manfred Köhnlein,
Pädagogische Hochschule
Schwäbisch-Gmünd

"Kein Opfer des Zweifels"
Judith de Forrest Wilson
erwachsene Adoptierte

Montag, 25. Juni 2012

Waisenhaustourismus

In den letzten Jahren häufen sich Berichte über Waisenhaustourismus. Junge Menschen reisen in arme Länder um Gutes zu tun und verbringen häufig einige Wochen in Kinderheimen. Kritiker bemängeln, dass es dabei mehr um die Selbstverwirklichung der Teenager aus wohlhabenden Elternhäusern geht als um die Kinder, die dabei von ungeschulten und unbedarften jungen Menschen betreut werden. Vermittlerorganisationen berechnen hohe Gebühren für die Organisation solcher Reisen und haben ein großes Interesse an der Zugänglichkeit von Kinderheimen.

Auf Huffington Post erschien nun ein Bericht, der noch einen Schritt weiter geht. Am Beispiel Kambodscha argumentiert die Autorin, dass es Kinderheime gebe, die nur zum Zwecke der Anlockung reicher Touristen betrieben werden und hinter denen ein Geschäftsmodell von Spenden stecke. Süße, arme Waisen seien der Lockvogel für skrupelose Geschäfte. Zwar seien Adoptionen in Kambodscha verboten, aber Sextourismus ein großes Geschäft. Was den Kindern alles zustößt und zustoßen kein, sei völlig unkontrolliert, einschließlich illegale Adoptionen. Touristen können in die Kinderheime reinspazieren und gegen die entsprechende Spende mit Kindern Ausflüge unternehmen. In einem Land, in dem Sextourismus ein einträglicher Wirtschaftszweig ist, ein unerträglicher Gedanke.

Freitag, 22. Juni 2012

Wenn der Anker fehlt

In der Süddeutschen Zeitung vom 30.5.2012 erschien ein Interview mit Dr. Karl Heinz Brisch, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie am Dr.-von-Haunerschen-Kinderspital in München. Er spricht vom tiefen menschlichen Bedürfnis, die eigene Herkunft zu kennen.

Donnerstag, 21. Juni 2012

Motive

Was treibt euch eigentlich an, werden wir manchmal gefragt. Habt ihr so schlechte Erfahrungen gemacht? Und in einigen Kommentaren werden unsere Positionen und der Blog an sich mit Verbitterung erklärt.

Die Fragen sind interessant, denn sie unterstellen, dass nur "Geschädigte" sich jemals für die Verbesserung von nicht optimalen Verfahren einsetzen würden. Weit gefehlt. Als Beteiligte haben wir das derzeitige Adoptionsverfahren aus erster Hand erlebt. Wir haben dabei Beobachtungen und Erfahrungen gemacht, die uns zu Denken gegeben haben. Dazu gehören zum Beispiel:
  • Amerikanische Adoptivfamilien und Vermittlungsstellen in Äthiopien, die wesentliche Grundsätze der Adoptionsvermittlung verletzen und damit das gesamte System infrage stellen;
  • Ein laxer Umgang mit der Herkunftsfamilie und deren Verständnis von der Bedeutung der Adoption;
  • Die Vermittlung von verlassenen Kindern, deren Eltern leicht hätten gefunden werden können;
  • Das "Zurechtrücken" von Erinnerungen von Kindern an deren Familien;
  • Kinder, die von ihren Herkunftsfamilien in die Adoption 'geschickt' wurden, um Geldzahlungen zu erreichen;
  • Die Vermittlung von Kindern, deren Mütter einfach zu arm waren, um sie zu versorgen.
  • Eine fehlende Öffentlichkeit und Bereitschaft, sich mit Fehlentwicklungen auseinanderzusetzen.
Aus diesen Gründen beschäftigen wir uns mit ethischen Fragen in der Internationalen Adoption. Unsere eigenen Erfahrungen sind dabei fast unerheblich und sehr unterschiedlich. Das Adoptionsspektrum umfasst alles von rundherum glücklichen Kindern und harmonischen Familien bis zu nahezu zerbrochenen Familien und Kindern.

Man kann auch von dem "Ethikgehalt" des Vermittlungsverfahrens nicht auf den "Erfolg" der Adoption schliessen. Dubiose Vermittlungen müssen nicht zum Scheitern der Adoptivfamilie führen und ethische Verfahren garantieren noch nicht, dass die Adoptivfamilie glücklich wird. Vielmehr kann man eine Adoptionsgeschichte als eine Schicksalslotterie ansehen. In einigen Fällen ziehen die Familien und die Kinder das große Los. Ihre Bedürfnisse harmonieren miteinander und die Grundcharaktere der beteiligten Individuen sind miteinander kompatibel. In einer jedoch nicht zu unterschätzenden Minderheit gibt es massive Probleme aufgrund von Traumatisierungen aber auch Inkompatibilitäten. Adoptiveltern sind nicht auf das Maß der Probleme vorbereitet und verzweifeln an den Kindern. Manche Kinder wollen keine neue Familie in einem fernen Land sondern suchen an ihrer Heimat. Und die Mehrheit der Familien befindet sich irgendwo dazwischen. Dazu gehören viele Eltern, die zugeben, dass sie die Auswirkungen einer Adoption unterschätzt haben; die sich jedoch wieder so entscheiden würden. Das ganz normale Leben also.

All das soll jedoch nicht davon ablenken, dass die Verfahren heute ethische Mängel aufweisen. Darum soll es an dieser Stelle weiter gehen. Ungeachtet der persönlichen Betroffenheit.

Mittwoch, 20. Juni 2012

Human Rights Watch: Äthiopische Regierung vertreibt Stämme entlang des Omo Flusses

Human Rights Watch hat einen neuen Bericht über Landvertreibungen im Süden Äthiopiens veröffentlicht. Im unteren Omo Tal werden derzeit ganze Dörfer mit Gewalt von ihrem Land vertrieben, ohne dass ihnen alternative Lebensmöglichkeiten oder Schadensersatz angeboten wird. Regierungsbeamte haben Bewohner, die sich gegen die Umsiedlung wehrten, verhaftet und geschlagen.

Der Bericht "‘What Will Happen if Hunger Comes?’: Abuses against the Indigenous Peoples of Ethiopia’s Lower Omo Valley,” beschreibt im Detail, wie Umsiedlungen ohne Konsultationen oder Schadensersatz für die Entwicklung einer staatlichen Zuckerplantage mit über 100.000 Hektar kommerzieller Landwirtschaft vorangetrieben werden.


Quelle: Human Rights Watch © 2007 Brent Stirton/Reportage by Getty Images

Das untere Omo Tal ist eines der abgelegensten Gebiete auf dieser Erde. Dort leben ungefähr 200.000 Menschen in acht sehr unterschiedlichen Gemeinschaften. Ihre Lebensart und Identität ist direkt mit dem Land und dem Zugang zum Omo Fluss verwurzelt. Ihre Vertreibung zerstört nicht nur ihr Leben sondern auch eine eigene Kultur.

Der Bau der Zuckerplantage hängt mit der Errichtung des größten Damms in Afrika zusammen. Das  Gibe III Wasserkraftprojekt befindet sich auch am Omo. Die Zuckerplantage flussabwärts ist von dem Wasserzufluss abhängig. Bis heute gibt es keine ökologische oder soziale Folgenabschätzung des Gibe Damms.

Die Rechte der indigenen Völker sind von der äthiopischen Verfassung wie auch von UN Konventionen geschützt. Danach haben indigene Völker ein Eigentumsrecht an dem Land, das sie seit Jahrhunderten bebauen. Sie können dieses Land nur freiwillig gegen Schadensersatz aufgeben. In der Praxis hat die äthiopische Regierung diese Eigentumsrechte nicht anerkannt. Sie hat keinen Schritt unternommen, die Betroffenen zu konsultieren oder ihre Zustimmungen zu den Umsiedlungen zu erreichen.

Donnerstag, 31. Mai 2012

Africa: The New Frontier for Intercountry Adoption

Das African Child Policy Forum hat einen lesenswerten Bericht über Adoptionen aus Afrika veröffentlicht. Er enthält wesentliche rechtliche Informationen zur internationalen Adoption wie auch eine Analyse der unterschiedlichen Praktiken und Herausforderungen in den afrikanischen Ländern. Fragen der Subsidiarität werden ebenso besprochen wie Alternativen zur Internationalen Adoption. Der Bericht schließt mit einer Reihe von Empfehlungen. Dazu gehört die Aufforderung, die Datenlage über adoptierte und adoptierbare Kinder in Afrika zu verbessern. Eine Empfehlung, der man sich uneingeschränkt anschließen kann.

AcPf (2012).
Africa: The New Frontier for Intercountry Adoption. Addis Ababa: The African child Policy forum.

Mittwoch, 30. Mai 2012

Dramatischer Anstieg von Adoptionen in Afrika

Das African Child Policy Forum in Addis Abeba berichtet nach Angaben der BBC, dass internationale Adoptionen aus Afrika in den letzten acht Jahren um 400% gestiegen sind. Aber viele afrikanische Länder hätten nicht die notwenigen Voraussetzungen, um Kinder vor Kinderhandel zu schützen.

"Adoptionen sind heute kommerzialisiert” sagt David Mugawe vom African Child Policy Forum. Die Mehrheit der sogenannten Waisen aus Afrika habe mindestens einen Elternteil und viele Kinder würden von ihren Eltern verkauft.

Seit 2004 wurden über 41.000 Kinder aus Afrika adoptiert. In den Jahren 2009 und 2010 kamen mehr als zwei Drittel aus Äthiopien. Nach Angaben des ACPF gibt es in Äthiopien heute mehr als 70 Adoptionsvermittlungsstellen.

Nur 13 afrikanische Länder haben die Haager Konvention ratifiziert, die Standards für Internationale Adoptionen vorgibt, um Kinderhandel auszuschliessen. Der Bericht betont: Die Pflicht ist bei den Ländern Afrikas, Maßnahmen zu ergreifen, um Familien und Gemeinschaft zu stärken, um die Kinder im eigenen Land aufwachsen zu lassen.

Montag, 21. Mai 2012

Ein weiteres Schicksal

Ein Leser oder eine Leserin schickte uns den link zu einem Bericht über ein weiteres Schicksal einer fehlgeschlagenen Adoption. Nach Angaben des 12jährigen Jungen Tadesse wurde er von einem Amerikaner adoptiert, der ihn mit nach Washington nahm und über ein Jahr zuhause unterrichten ließ. Danach kehrte er nach Äthiopien zurück, lernte eine Frau kennen, die von dem Kind nichts wissen wollte, und ließ ihn in einem Hotel zurück. Die International Organisation of Migration (IOM) kümmert sich nun um den Jungen. Der angebliche Adoptivvater bestreitet die Geschichte.

Sonntag, 20. Mai 2012

Drei Schicksale

Die Schicksale von drei international adoptierten Kinder beherrschen zurzeit die Diskussion über ethische Adoptionen in den USA. Alle drei Geschichten sind sehr unterschiedlich, aber gleichermaßen traurig. Es geht bei diesen Fällen in erster Linie um menschliches Fehlverhalten, aber auch um die Frage, wie es verhindert werden kann.

Artyom Hansen ist ein aus Russland adoptierter Junge, der von seiner Adoptivmutter im Alter von sieben Jahren unbegleitet und mit einem Brief versehen nach Moskau geschickt wurde. In dem Brief stand, dass sie nicht mehr seine Mutter sein wolle. Der Junge wurde danach zum Spielball einer russisch-amerikanischen Auseinandersetzung, bei der zunächst alle Adoptionen ausgesetzt wurden. Er lebt seitdem in einem SOS Kinderdorf in Russland. In den USA wurde nun das gerichtliche Nachspiel entschieden. Adoptivmutter Torry Hansen wurde zur Zahlung von 150.000$ verurteilt. Darin enthalten sind Unterhaltszahlungen sowie eine Schadensersatzforderung der Vermittlungsstelle. Zwar wurde die Adoption in Russland annulliert; in den USA ist sie jedoch weiterhin Grundlage für Unterhaltszahlungen. Der Vermittlungsstelle wurden tatsächlich 40.000$ Schadensersatz zugestanden.

Anyelí Liseth Hernández Rodríguez wurde im Alter von zwei Jahren in Guatemala entführt und zur Adoption in die USA gebracht. Ihre Mutter suchte jahrelang nach ihrer Tochter und konnte sie ausfindig machen.  Ein Gericht in Guatemala verurteilte nicht nur diejenigen, die an dem Kinderhandel beteiligt waren sondern verfügte auch die Rückkehr der Tochter. Nun hat das amerikanische State Department reagiert und beschlossen, dass das Kind seinen Eltern nicht wieder zurückgegeben werden muss. Nach Angaben des State Departments sei zum Zeitpunkt der Entführung die Haager Konvention noch nicht ratifiziert gewesen. Daher finde sie in diesem Fall keine Anwendung.  Die Mutter versucht nun, die Herausgabe gerichtlich in den USA zu erreichen.

Kairi Abha Shepherd ist von Ausweisung nach Indien bedroht. Sie wurde im Alter von drei Monaten im Jahr 1982 in die USA adoptiert. Ihre Adoptivmutter starb 1991, ohne für ihre Tochter die amerikanische Staatsbürgerschaft beantragt zu haben. Das Kind kam in Pflege und wurde als Erwachsene straffällig. Sie kann nun in ein Land ausgewiesen werden, in das sie keine Verbindungen hat und dessen Sprache sie nicht spricht.

In allen drei Fällen gibt es ein zum Teil dramatisches Fehlverhalten von Adoptiveltern. In den Fällen von Artyom Hansen und Kairi Abha Shepherd waren die Adoptivmütter alleinstehend und mit ihren Kindern überfordert. (Das soll in keiner Weise das Verhalten von Torry Hansen entschuldigen.) Die ablehnende Haltung der Adoptiveltern von Anyelí Liseth Hernández Rodríguez gegenüber der leiblichen Mutter ist zwar verständlich aber falsch.

Alle drei Fälle sind zwar extrem aber keine Einzelfälle. Es gibt Schätzungen, dass bis zu 200 russische Adoptivkinder wieder nach Russland gebracht wurden. Auch Anschuldigungen von Kindesentführungen in Guatemala sind weiter verbreitet als man denkt. Ebenso sind eine ganze Reihe von amerikanischen Adoptivkindern von Ausweisung bedroht.

Montag, 14. Mai 2012

"Emotionale Familienangehörige " - US Botschaft trifft Vermittlungsagenturen

Das amerikanische Außenministerium hat eine Zusammenfassung einer Besprechung der US-Botschaft in Addis Abeba mit Vermittlungsagenturen auf seine Webseite gestellt. Bei der Besprechung um 18. April 2012 ging es unter anderem um Interviews, die die Botschaft mit Angehörigen zur Adoption freigegebener Kinder durchführt. Bei diesen Interviews stellen die Beamten der Botschaft immer wieder fest, dass die Angehörigen glauben, dass die Kinder im Alter von 18 Jahren wieder nach Äthiopien kommen. Wenn sie dann darüber informiert werden, dass Adoptionen die Familienbande für immer auflöst und sie nicht auf eine Rückkehr hoffen sollen, werden Familienangehörige oftmals sehr emotional:

"Our office conducts birth relative interviews for most relinquishment cases, and conducts interviews with local officials and police for most abandonment cases. The purpose of these interviews is to confirm the child’s orphan status and, in relinquishment cases, to ensure that the relinquishing parent or family member fully understands the relinquishment process. During these interviews, we continue to encounter birth relatives who have been told that a child will return to Ethiopia at the age of 18. When informed that intercountry adoption is a permanent severing of a familial relationship and that there should be no expectation of the child’s return, birth relatives often become very emotional."

Als allgemeine Trends und Diskussionspunkte werden angegeben:
  1. Eine Zunahme von verlassenen anstatt abgegebener Kinder.
  2. Ganze Kindergruppen, die von einem Dorf gleichzeitig abgegeben werden.
  3. Adoptionsverträge, die unterschrieben werden, bevor das Kind überhaupt zur Adoption freigegeben wurde. 
 Leider hört sich die Besprechung nicht danach an, als hätten sich die ethischen Probleme der Vermittlungspraxis der letzten Jahre merklich verbessert.

Mittwoch, 9. Mai 2012

Erfahrungswerte

Im Laufe der Zeit sammeln Adoptiveltern eine Menge Erfahrungen sowohl mit ihren eigenen Kindern als auch durch die Gespräche mit anderen Adoptivfamilien. An dieser Stelle geben wir einige Beispiele dafür, was wir selbst gerne gewusst hätten, bevor wir unsere Kinder in Empfang genommen haben.

1. Adoptiveltern brauchen Training und Aufklärung. Zurzeit funktioniert die Vorbereitung von Adoptiveltern vielfach nach dem Prinzip Hoffnung, dass schon alles gut gehen wird. Während dies in der Mehrheit der Adoptionen auch der Fall sein kann, führt es jedoch in denen Fällen, in denen es schief geht, zu falschen Reaktionen. Adoptiveltern müssen von Beginn an dafür sensibilisiert werden, dass traumatisierte Kinder anders erzogen werden müssen als leibliche Kinder.

2. Für eine solche Vorbereitung gibt es jedoch jenseits der praktischen Tipps und der Erfahrungsliteratur nur wenig Lektüre oder Weiterbildung. Angehende Adoptiveltern, die ja auch hoffen, dass alles gut gehen wird, sind leider auch nicht wirklich daran interessiert. "Survival Tipps für Adoptiveltern", von Christel Rech-Simon und Fritz B. Simon, und die Bücher von Bettina Bonus gehören in die Bücherregale aller Adoptiveltern.

3. Nicht jedes adoptierte Kind ist traumatisiert, aber jedes Adoptivkind braucht besondere Nähe und Möglichkeiten des Kleinkindseins. Selbst Neun- oder Zehnjährige werden hin und wieder zum Baby oder schauen sich Bilderbücher an. Sie brauchen in diesem Moment die Nähe und den Schutz eines Kleinkinds.

4. Adoptionen betreffen die gesamte erweiterte Familie nicht nur die Kernfamilie. Bereits vorhandene Kinder müssen eine neue Stellung in der Familie finden.

5. Das Alter des Kindes zum Zeitpunkt der Adoption sagt nichts über den Grad seiner Traumatisierung aus. Kleine und große Kinder können traumatisiert sein. Kleine Kinder können ihre Gefühle jedoch nicht mit Worten ausdrücken. Bei gleichzeitig adoptierten Geschwisterkindern ist es oftmals das kleinere Kind, das größere Schwierigkeiten hat.

6. Ältere Kinder haben dafür andere Anpassungsschwierigkeiten. Das deutsche Schulsystem hat nur wenig Toleranz gegenüber Kindern, die anders sind als die Norm.

7. In der Adoptionsliteratur gibt es sowohl Fachwissen wie auch Ideologien. Beides ist nicht immer einfach voneinander zu trennen. Ideologien schüren Konflikte zwischen verschiedenen Teilen des Adoptionsdreiecks.

8. Es gibt gescheiterte Adoptionen, aber unseres Wissens nach keine Untersuchungen darüber, warum und unter welchen Bedingungen Adoptionen scheitern. Der hohe Kostenaufwand, die langen Wartezeiten und großen Entfernungen in internationalen Adoptionen machen es sehr schwer, einen Kindervorschlag abzulehnen. Nicht für alle vermittelten Kinder ist unserer Erfahrung nach eine Adoption wirklich die beste Lösung.


Freitag, 4. Mai 2012

Soll man aus Äthiopien adoptieren?

Ein Beitrag von EJ Graff in The American Prospect argumentiert gegen Adoptionen aus Äthiopien. Ihre Gründe basieren auf der unseligen Dynamik, die einsetzt, wenn große Summen Geld von einem reichen Land in ein armes Land fließen: es entsteht ein neues Geschäftsmodell, in dem skrupellose Mittelmänner durch die ländlichen Gebiete Äthiopiens ziehen und arme Familien überreden, ihre Kinder zur Adoption freizugeben. Ein typisches Muster sind Familien, in denen ein Elternteil stirbt und das Kind Stiefeltern bekommt, die sich nicht um das Kind kümmern können oder wollen.

Diese Familien werden zudem mit Versprechen geködert, von denen die Adoptivfamilien nichts wissen. Die leiblichen Verwandten denken, dass ihr Kind später Geld schicken wird oder zumindest durch das Kind eine Verbindung in ein reiches Land aufgebaut wird, dass sich für die Familie vorteilhaft auswirkt. Diese Vorstellung ist auch nicht unrealistisch. Immer mehr arme Länder leben von den Geldsendungen von Arbeitsmigranten. Ungefähr 2 Millionen Äthiopier leben im Ausland. Die Weltbank schätzt, dass 14 Prozent der Äthiopier regelmäßige Geldsendungen aus dem Ausland erhalten mit einem Durchschnitt von 600 Dollar im Jahr. Warum sollten Adoptionen nicht ein weiterer Weg von Geldsendungen and äthiopische Familien sein?

Das Einsammeln von Kindern im Gegenzug mit Versprechen von finanzieller Unterstützung ist eines der Hauptprobleme von Adoptionen aus Äthiopien. Es ist jedoch nicht das einzige. Die Verflechtung von politischen Interessen im Adoptionsprozess, der Mangel an rechtstaatlichen Standards und Verfahren ist ein weiteres. Sollte man von Adoptionen aus Äthiopien derzeit absehen?

In jedem Fall sollte man in einer Adoption aus Äthiopien kein ethisch einfaches Unterfangen zur Familiengründung sehen. Man sollte, wie an dieser Stelle schon mehrfach betont, Fragen stellen und sich auf die entsprechenden Diskussionen einlassen. Man sollte davon ausgehen, dass es eine erweiterte Familie des Kindes gibt, mit dessen Schicksal man sein eigenes Leben unmittelbar verknüpft. Das kann in einer Verantwortung für weitere Geschwister im Land, in finanzielle Unterstützung, aber auch in der Betreuung anderer Familienmitglieder in Deutschland münden. Derzeit fehlen die Verfahren, um ein gutes Verhältnis zur ersten Familie aufzubauen und zu pflegen. Darauf hinzuarbeiten ist die Aufgabe derjenigen, die auch in Zukunft sich für internationale Adoptionen einsetzen wollen.


Montag, 30. April 2012

Der Adoptionsboom in Äthiopien

Das Wall Street Journal veröffentlichte am 28. April einen Bericht über eine Adoption aus Äthiopien, der viele typische Situationen gut beschreibt und daher als symptomatisch angesehen werden kann:

Die heute 7 Jährige Melesech wurde vor drei Jahren aus Äthiopien adoptiert. Ihre Mutter starb an Malaria; der Vater hat weitere sechs Kinder und eine zweite Frau. Er wurde vor vier Jahren von einem Mittelsmann angesprochen, ob er seine Kinder nicht abgeben wolle.

Zunächst war der Vater bereit, zwei seiner Söhne abzugeben, die damals acht und neun Jahre alt waren. Doch das Waisenhaus wollte nur Kinder, die jünger als fünf Jahre  waren. Daher kam er zurück mit Melesech. Er brachte seine Tochter nach Hosanna, ca. 60 Kilometer von seinem Dorf entfernt. "Ich gab sie weg, weil ich arm bin", sagte der Vater. Man versprach ihm, dass sie ihm später Geld schicken würde. Die Adoptiveltern besuchten ihn einige Jahre später und er freute sich über die Bilder von Melesech. Nach den Angaben des Wall Street Journals erwartete der Vater des Mädchens auch Geld von den Adoptiveltern, was diese jedoch bestreiten. Bis heute hat er gemischte Gefühle über die Adoption. Einerseits wartet er auf ihre Rückkehr, andererseits überlegt er, weitere Kinder zur Adoption freizugeben. "Wenn ich Bilder von Melesech sehe und wie glücklich sie ist", sagt er, "wünschte ich, ich könnte meine anderen Kinder auch schicken."

In einem Kommentar zum Artikel schreibt eine Adoptivmutter über ihre Erfahrungen in Äthiopien. Sie berichtet, wie sie von der Familie ihres Kindes um Geld gebeten wurde. Dabei beobachtete sie Sozialarbeiter einer Vermittlungsstellen, die den leiblichen Müttern Geld für ihre Kinder anboten. Die Adoptivmutter ist zurecht von der Art der Kindervermittllung schockiert. Ihren Kommentar schließt sie mit Konsequenzen für Internationale Adoptionen. Zwar sollten Adoptionen weiterhin möglich sein, aber man solle solche Kinder adoptieren, die über 5 Jahre alt und Waisen sind oder gesundheitliche Probleme haben. Die äthiopische Regierung solle endlich die Haager Konvention unterzeichnen. Alle Beteiligten sollten darauf hin arbeiten, dass Familien zusammen  bleiben. Und man solle gegen die vorherrschende Form der Ausbeutung in internationalen Adoptionen protestieren.

Sonntag, 15. April 2012

Die Suche nach der ersten Familie

Immer mehr amerikanische Adoptiveltern äthiopischer Kinder machen sich auf die Suche nach der Herkunftsfamilie ihrer Kinder, weil sie Zweifel an den Angaben der Vermittlungsstellen über Eltern und Verwandte haben. Entweder sind es die Kinder selbst, die darauf bestehen, dass ihre Eltern - anders als in den Unterlagen angegeben - noch leben. Oder die Informationen sind so dürftig, dass die Eltern selbst nach recherchieren wollen. Ein Möglichkeit sich über die Suche zu informieren ist das Yahoo Forum ethiopiabirthfamilysearch@yahoogroups.com. Dort werden Erfahrungen über die Suche nach den Eltern ausgetauscht und vertrauenswürdige Kontaktpersonen weiterempfohlen. Es gibt zudem mittlerweile eine website, auf der die Dienste einer Recherche in Äthiopien angeboten wird. Sie heißt EthioStork. Wir haben persönlich keine Erfahrungen mit dem Suchdienst und können ihn daher nicht empfehlen.

Dass es solche Foren und Anbieter gibt, sollte uns zu denken geben. Die Kommentare auf dem Yahoo Forum zeigen zudem zweierlei: Zum einen sitzt das Misstrauen der Eltern gegebenüber den Vermittlungsstellen tief. Weder werden Hilfestellung geleistet noch sind Vermittlungsstellen an der Wahrheit der Herkunftsgeschichte der Kinder interessiert. Vielmehr gehen Vermittlungsstellen zurecht davon aus, dass eine Suche auf eigene Faust ihre Arbeit infrage stellt und kritisiert. Zweitens berichten Adoptiveltern, die sich auf die Suche begeben haben, von der Verzweiflung vieler Herkunftsfamilien, die sich Sorgen um ihre Kinder machen. Besonders in den Regionen, in denen Heime geschlossen wurden, werden nun keine  Entwicklungsberichte mehr an die Verwandten weitergeleitet. Familien sind daher von Informationen über ihre Kinder komplett abgeschnitten. Es gibt keine Infrastruktur und scheinbar keine verantwortlichen Stellen, die sicherstellen, dass Entwicklungsberichte für Herkunftseltern bereit gestellt werden.

Eltern, die sich auf die Reise zur Herkunftsfamilie begeben, machen oftmals wichtige aber auch bedrückende Erfahrungen. Einen Reisebericht einer alleinstehenden Mutter eines äthiopischen Mädchens gibt es hier.

Sie schreibt über die Frage, worauf man sich vorbereiten kann:

"What did I feel most unprepared for? Feeling like a kidnapper as we left Ethiopia because my daughter never really needed to be adopted.

I was oh so very naive when I set out on my journey to become a parent. I knew what pregnancy and childbirth entailed. I knew that it wasn't important to me to experience pregnancy or childbirth. I wanted to be a mom. There were, I thought, millions of children that already existed who needed mothers. Why go to the trouble of creating more children...and it would have been trouble involving doctor visits, ordering sperm online, etc, as I was single...when all I cared about was being a mom and not giving birth.

I thought there were all these children who needed mothers.

I still think there are children who need mothers. Unfortunately, they are rarely the ones who are available for adoption, at least in Ethiopia.

I thought I was adopting an orphan. I was unprepared to be told by my child, "my mom's not dead." I shouldn't have been. When I asked questions about her mother during the process, I was told, "she doesn't seem to be aware of her mother's death." Why didn't I ask more questions? Because I was stupid and naive.

Now I'm just angry and bitter. I'm glad Violet is a forgiving child. She knows her mother didn't have a say in her relinquishment but she accepts the path her life has taken...at least so far. I am less forgiving. I'm angry at the biases that led to Violet's relinquishment and I'm even angrier at the adoption system that allowed it to happen. I'm angry at myself that I took part in it."

Dienstag, 3. April 2012

Ethnozentrismus und ethische Verfahren

Kann man an Äthiopien die gleichen Rechtsgrundsätze anwenden wie an entwickelte Demokratien? Oder ist es 'ethnozentrisch', wenn man dies tut? Das war der Vorwurf eines Kommentars auf das 'Einmaleins der ethischen Adoption'.

Man kann nicht nur sondern man muss. Und zwar aus mehreren Gründen:
  • Aus Gründen der Rechtssicherheit im eigenen Verfahren. Eine äthiopische Adoption muss anerkannt und umgewandelt werden. Dabei wird auch die Kompatibilität der Verfahrensgrundsätze geprüft. Wenn das deutsche Gericht zu dem Schluss kommt, dass wesentliche deutsche Rechtsgrundsätze verletzt wurden, können diese Adoptionen nicht anerkannt werden.
  • Aus Gründen der Rechte des Kindes an der Kenntnis der eigenen Herkunft. Es gibt gute Gründe für Geburtsurkunden und Abstammungsurkunden. Deutsche Behörden sollten auf äthiopische Geburtsurkunden drängen, in denen die Eltern tatsächlich genannt werden. Dies erlaubt dem Kind seine Herkunft zu dokumentieren.
  • Menschenhandel lässt sich nur durch Information, Transparenz und Offenheit bekämpfen. Die allseits herrschende Einstellung, dass man bei der Betrachtung äthiopischer Dokumente besser nicht so genau hinschaut, öffnet Korruption und Dokumentenfälschung Tür und Tor. Nur wenn man es von deutscher Seite ablehnt, dubiose Dokumente in Empfang zu nehmen, wird sich daran etwas ändern.
Kann man darüber hinaus noch in das Herkunftsdorf reisen? Oder überfordert man damit nicht die Adoptivfamilie? Das ist ein ernster Punkt. Es spricht vieles dafür, die erste Begegnung mit dem Kind und die Begegnung mit der Herkunftsfamilie voneinander zu trennen. Beides sollte sorgfältig vorbereitet werden. Insbesondere die Vermittlungsstellen sollten eine Begegnung mit der Herkunftsfamilie zu einem Verfahrenstandard machen. Eine ausführliche Dokumentation der Familie und die Wege, wie das Kind ins Heim gekommen ist, gehört mit dazu.

Diese Standards sind nicht ethnozentrisch sondern grundlegende Prinzipien zum Schutz des Kindes. Eine internationale Adoption ist ein tiefer Eingriff in die Rechte des Kindes und der Herkunftsfamilie. Er sollte wohl überlegt und vorbereitet sein. Zumindest sollte sicher gestellt sein, dass das Kind wirklich adoptionsbedürftig ist und nicht Opfer finanzieller Interessen wird.

Adoptiveltern sollten die ersten sein, die ein Interesse an besseren Standards haben. Denn sie tragen alle Risiken einer unethischen Adoption.

Freitag, 30. März 2012

Fallstricke umgehen: Das Einmaleins der ethischen Adoption

In den letzten Wochen wird dieser Blog von vielen Lesern besucht, die sich über Adoptionen aus Äthiopien informieren wollen. Das sehen wir an den Zugriffen, die über eine google Suche "Adoption Äthiopien" zu uns finden. Für alle diejenigen, die noch am Anfang des Prozesses stehen, möchten wir ein paar Hinweise zusammenstellen, um die ethischen Fallstricke einer Adoption aus Äthiopien möglichst zu umgehen:
  • Informationen sind alles. Eine gut informierte Adoptivfamilie ist viel besser in der Lage mit den Herausforderungen umzugehen. Informieren Sie sich über die Lage in Äthiopien, die herrschenden Gesetze, die politische Situation und die Adoptionsskandale der letzten Jahre. Das hilft Ihnen die richtigen Fragen zu stellen und Gefahrensituationen zu erkennen.
  • Informieren Sie sich auch über die Herausforderungen von Adoptionen von älteren und kleineren Kindern. Lesen Sie die Bücher von unserer Leseliste. Gehen Sie vorbereitet in diese Entscheidung, die wie keine andere ihr Leben verändern wird. Sprechen Sie mit Adoptiveltern über Probleme und Herausforderungen. 
  • Wenn Sie einen Kindervorschlag bekommen: Fragen Sie, wie das Kind ins Heim gekommen ist. Rekonstruieren Sie die Geschichte Ihres Kindes im Detail. Kein Kind hat keine Verwandte. Wenn die Eltern verstorben sind, fragen Sie nach Tanten, Onkel und Großeltern. Diese können Ihnen Auskunft über Eltern, Familienkonstellation und Gründe für die Abgabe ins Heim geben. Treffen Sie die leibliche Mutter, auch wenn es Ihnen schwer fällt.
  • Reisen Sie in das Herkunftsdorf des Kindes. "Waisentourismus" in ländliche Gebiete in Äthiopien sind aus guten Gründen umstritten. Sie sollten dort nicht als reiche Weiße auftreten und Begehrlichkeiten wecken. Andererseits müssen sie das Umfeld kennenlernen, in das ihr Kind geboren wurde. Es gibt Ihnen den Schlüssel zur Identität Ihres Kindes.
  • Verlassene Kinder ohne Verwandte haben eine schwere Last zu tragen. Kinder werden ausgesetzt oder laufen von zu Hause weg. Sie sollten nachverfolgen, ob und wie nach den Eltern gesucht wurde. Es gibt viele Fälle, bei denen später die Eltern leicht gefunden werden konnten, obwohl die Ermittlungen der Polizei nichts ergaben. Sprechen Sie mit der Heimleitung über die Suche nach den Eltern. Sprechen Sie mit der Polizei. Besuchen Sie den Ort, wo ihr Kind gefunden wurde. Machen Sie deutlich, dass sie daran interessiert sind, die Eltern zu finden.
  • Sprechen Sie mit ihrer Vermittlungsstelle auch über unangenehme Themen. Sprechen Sie über Kinderhandel, Korruption und die Verbindung der Vermittlungsstelle zum Heim. Fragen Sie, welcher Geldbetrag an das Heim gezahlt wird und wofür. Es ist Ihr Geld.
Und es ist Ihre Familie, um die es geht.   

Mittwoch, 21. März 2012

Tarikuwa Nigist Lemma alias Journee Bradshaw

Als vor knapp zwei Jahren die Berichte über Korruption und Mißbrauch in Adoptionen aus Äthiopien bekannt wurden, stand ein Fall im Mittelpunkt der Berichtertstattung. Journee Bradshaw und ihre Adoptivfamilie waren nicht nur ein Beispiel für eine verfehlte Vermittlungspolitik, in der ein junges Paar drei Geschwisterkinder adoptierte, von denen sich eines als 15 Jährige entpuppte. Sondern zugleich hat sich Journee/Tarikuwa von Beginn an öffentlich gegen die Adoption gewehrt. Ihre Geschichte wurde im Film "Fly away children" ausführlich dokumentiert.

Heute lebt Tarikuwa nicht mehr bei ihrer Adoptivfamilie. Sie hat ihren alten Namen wieder angenommen und möchte ihn auch in ihren Papieren wieder haben. Sie besucht die High School und versucht, Geld für eine Reise nach Äthiopien zu verdienen. Ihre Adoptivfamilie lebt mit ihren zwei Schwestern in Hawaii. In einem Interview schildert sie von ihrer Odyssee in den USA und ihren Plänen für die Zukunft.  

Mittwoch, 14. März 2012

Kinderhandel in China

China galt lange Zeit als das Land mit dem saubersten Verfahren für internationale Adoptionen. Chinesische Kinder, die verlassen oder ausgesetzt aufgefunden wurden, wurden in staatliche Kinderheimen aufgenommen und dann zur Adoption freigegeben. Aufgrund der strengen staatlichen Aufsicht und der Ein-Kind-Politik war der Bedarf für internationale Adoptionen nahezu zwangsläufig vorgegeben. Nach den landläufigen Erklärungen setzten Eltern ihre Kinder aus, um sich einer Bestrafung für die Überschreitung der Kinderzahl zu entziehen. Dadurch wurden tausende gesunde Säuglinge in Adoptionsverfahren überführt, die schnell sehr begehrt waren. Insbesondere chinesische Mädchen wurden ins Ausland vermittelt.

Seit mehreren Jahren häufen sich jedoch die Berichte, dass Adoptionen aus China längst nicht so sauber abliefen wie bislang geglaubt. Die Behörden befassen sich nun ernsthaft mit Menschenhandel in China und stoßen auf schockierende Praktiken.

Das Ministerium für Öffentliche Sicherheit hat nun einen Bericht veröffentlicht, nachdem im letzten Jahr 8,660 Kinder und 15,458 Frauen aus Menschenhandel 'befreit' werden konnten. Über 3200 Menschenhändlergruppen wurden verhaftet einschließlich einer Bande, die Frauen nach Angola in die Prostitution verkaufte.

Im Jahr 2011 wurden mehr als 2000 Kinder für Adoptionen entführt und verkauft. Letzten November wurde in Shandong eine Bande enttarnt, die Säuglinge für US$8,000 anbot. Seit 2008 wurden 11.300 Personen wegen Menschenhandels verurteilt. Das Ministerium hat zudem eine landesweite DNA-Datenbank aufgebaut, um entführte Kinder ihren Eltern zurückzubringen.

Aber auch die Behörden selbst waren an Zwangsadoptionen beteiligt. Familien wurden Kinder von Behörden weggenommen und ohne Einverständnis der Eltern zur Adoption freigegeben. Die Berichte über entführte adoptierte Kinder trifft insbesondere amerikanische Familien. Ungefähr 100.000 Kinder wurden seit 1992 hauptsächlich in die USA, Kanada und Spanien vermittelt. (Nach Deutschland wurden keine Kinder vermittelt, da es hier keine automatische Einbürgerung gibt, die China als Voraussetzung verlangt.) Selbsthilfegruppen versuchen nun die Herkunft ihrer Kinder zu ermitteln und den Kontakt zu den Eltern aufzunehmen. Die Zahl der Adoptionen geht deutlich zurück.

Die Moral von der Geschichte? Es gibt derzeit - vielleicht mit der Ausnahme Russlands - kaum ein Land, in dem es keine ethischen Probleme, sprich kriminelle Praktiken, in internationalen Adoptionen gibt. Zukünftige Adoptiveltern müssen sich mit diesen Themen kritisch auseinandersetzen.