Donnerstag, 21. Juni 2012

Motive

Was treibt euch eigentlich an, werden wir manchmal gefragt. Habt ihr so schlechte Erfahrungen gemacht? Und in einigen Kommentaren werden unsere Positionen und der Blog an sich mit Verbitterung erklärt.

Die Fragen sind interessant, denn sie unterstellen, dass nur "Geschädigte" sich jemals für die Verbesserung von nicht optimalen Verfahren einsetzen würden. Weit gefehlt. Als Beteiligte haben wir das derzeitige Adoptionsverfahren aus erster Hand erlebt. Wir haben dabei Beobachtungen und Erfahrungen gemacht, die uns zu Denken gegeben haben. Dazu gehören zum Beispiel:
  • Amerikanische Adoptivfamilien und Vermittlungsstellen in Äthiopien, die wesentliche Grundsätze der Adoptionsvermittlung verletzen und damit das gesamte System infrage stellen;
  • Ein laxer Umgang mit der Herkunftsfamilie und deren Verständnis von der Bedeutung der Adoption;
  • Die Vermittlung von verlassenen Kindern, deren Eltern leicht hätten gefunden werden können;
  • Das "Zurechtrücken" von Erinnerungen von Kindern an deren Familien;
  • Kinder, die von ihren Herkunftsfamilien in die Adoption 'geschickt' wurden, um Geldzahlungen zu erreichen;
  • Die Vermittlung von Kindern, deren Mütter einfach zu arm waren, um sie zu versorgen.
  • Eine fehlende Öffentlichkeit und Bereitschaft, sich mit Fehlentwicklungen auseinanderzusetzen.
Aus diesen Gründen beschäftigen wir uns mit ethischen Fragen in der Internationalen Adoption. Unsere eigenen Erfahrungen sind dabei fast unerheblich und sehr unterschiedlich. Das Adoptionsspektrum umfasst alles von rundherum glücklichen Kindern und harmonischen Familien bis zu nahezu zerbrochenen Familien und Kindern.

Man kann auch von dem "Ethikgehalt" des Vermittlungsverfahrens nicht auf den "Erfolg" der Adoption schliessen. Dubiose Vermittlungen müssen nicht zum Scheitern der Adoptivfamilie führen und ethische Verfahren garantieren noch nicht, dass die Adoptivfamilie glücklich wird. Vielmehr kann man eine Adoptionsgeschichte als eine Schicksalslotterie ansehen. In einigen Fällen ziehen die Familien und die Kinder das große Los. Ihre Bedürfnisse harmonieren miteinander und die Grundcharaktere der beteiligten Individuen sind miteinander kompatibel. In einer jedoch nicht zu unterschätzenden Minderheit gibt es massive Probleme aufgrund von Traumatisierungen aber auch Inkompatibilitäten. Adoptiveltern sind nicht auf das Maß der Probleme vorbereitet und verzweifeln an den Kindern. Manche Kinder wollen keine neue Familie in einem fernen Land sondern suchen an ihrer Heimat. Und die Mehrheit der Familien befindet sich irgendwo dazwischen. Dazu gehören viele Eltern, die zugeben, dass sie die Auswirkungen einer Adoption unterschätzt haben; die sich jedoch wieder so entscheiden würden. Das ganz normale Leben also.

All das soll jedoch nicht davon ablenken, dass die Verfahren heute ethische Mängel aufweisen. Darum soll es an dieser Stelle weiter gehen. Ungeachtet der persönlichen Betroffenheit.

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