Mittwoch, 14. September 2011

Die Adoptionsindustrie

Ist Adoption und insbesondere Internationale Adoption eine Industrie, in der es um Umsatz, Profite und zufriedene Kunden geht? Aus der Perspektive der Familien gewiss nicht, aber im Hinblick auf Vermittlungsstellen und den Vermittlungsprozess in den USA gibt es einige beunruhigende Fakten:

Erstens kann man in dem Adoptionssektor in den USA gut verdienen. Eine Aufstellung der Einkommen der Direktoren/Präsidenten von privaten amerikanischen Vermittlungsstellen  aus dem Jahr 2008 weist Gehälter bis zu über 380.000$ aus. Das ist weit entfernt von der Vorstellung einer kleinen Wohlfahrtsorganisation.

Zweitens sind die Gebühren, die amerikanische Familien für den Adoptionsprozess berappen müssen im Fall von Äthiopien ca. doppelt so hoch als in Deutschland. Dies führt zu der Frage, welche Kosten legitim sind und welche nicht.

Drittens unterliegen die Adoptionsverträge in den USA (und zuweilen wohl auch in Deutschland) einer Geheimhaltungspflicht. Sobald Einzelheiten aus den Verträgen bekannt werden, werden diese von den Vermittlungsstellen gekündigt. Eltern werden verklagt und bei Beschwerden über Geschäftspraktiken durch Anwälte zum Schweigen gebracht.

Viertens gibt es in den USA umfangreiche Möglichkeiten zur Steuerabschreibung von Adoptionskosten. Dies heizt den Kostenaspekt weiter an und führt bei geschäftstüchtigen Vermittlungsagenturen zu Kostenerhöhungen.

Letztlich gibt es einen ideologischen Überbau durch evangelikale Christen, die Adoptionen nicht nur als letztes Mittel für elternlose Kinder ansehen sondern auch als Missionierungsinstrument.

Alle diese Faktoren führen dazu, dass hohe Vermittlungszahlen zu höheren Einkommen führen und Vermittlungsstellen ein aktives Interesse an dem Nachschub von Kindern haben. Damit unterbleibt die Prüfung von Alternativen eher und Kinder werden adoptiert, bei denen es nicht nötig gewesen wäre. Ein Dienst am Menschen, der zugleich Gewinne (oder hohe Gehälter oder Steuerbegünstigungen) abwirft, ist immer problematisch. Er kann nur funktionieren, wenn es entweder einen starken Verhaltenskodex (wie in der Medizin) oder eine umfassende Regulierung gibt. In den USA ist zur Zeit beides problematisch.

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