Freitag, 9. September 2011

Dankbarkeit

Nichts bringt Adoptionskritiker so schnell auf die Palme als der Bezug von Adoptionen zur Dankbarkeit. Aussagen von Adoptiveltern werden mit der Lupe darauf untersucht, ob ihre Einstellung zu ihren Kindern vielleicht die Erwartung der Dankbarkeit beinhaltet. Sollten es die Kinder materiell und familiär in der Adoptivfamilie besser haben als zuvor (was eigentlich der Sinn der ganzen Veranstaltung ist) und sollten die Eltern vielleicht als eine ihrer Motivationen darauf  hinweisen, dass sie den Kindern helfen möchten, dann leuchten die roten Lampen auf. Sie stehen im Verdacht, dass sie das Kind nicht aus Liebe bei sich aufnehmen sondern vielmehr sich durch ihre Tat moralisch überlegen fühlen und dafür belohnt werden wollen. Die Adoption sei hauptsächlich dazu da, dass sich die Adoptiveltern besser fühlen und ginge an den Bedürfnissen der Kinder vorbei.

Inwieweit Adoptionen den Bedürfnissen der Eltern oder den der Kinder folgen, ist eine berechtigte Frage und wird immer wieder mit dem Satz beantwortet, dass es darum gehe, Eltern für Kinder und nicht Kinder für Eltern zu suchen. Damit ist der Teil der Diskussion eigentlich beendet.

Der Vorwurf hier ist jedoch subtiler: Selbst wenn Eltern für ein Kind gesucht werden (und nicht umgekehrt) könnten die Eltern möglicherweise dabei ihre eigenen Bedürfnisse (Gutes zu tun) höher bewerten als die des Kindes (eine neue Familie). Dies wurde uns von einer Leserin unserer FAQs unterstellt, die jedoch nicht zitiert werden möchte.

Leider ist diese Art der Motivationsforschung weder möglich noch sinnvoll. Adoption entspringt in der Regel einem Kinderwunsch und nicht dem Bedürfnis auf eine gute Tat. Wenn zu dem Kinderwunsch vertärkend hinzu kommt, dass einem Kind geholfen wird, macht es wenig Sinn, den Eltern daraus einen Strick zu drehen. Sollte die Motivation sein, ein Kind anzunehmen, ihm aber möglichst nicht helfen zu wollen? Ist nicht auch der Wunsch einem Kind einen festen Platz in einer Familie geben zu wollen, ebenso selbstbezogen wie eine wie auch immer geartete gute Tat? Die Unterscheidung liegt wohl in dem Bereich der Haarspalterei und kann zur Seite gelegt werden.

Was sagt das Kind dazu? Wir wissen es nicht. Ein gesundes Kind wird sich für die Haarspalterei nicht interessieren, ein traumatisiertes Kind kann darin eine Kränkung sehen. Eine gute Tat aus einem Verlusterlebnis der Eltern abzuleiten, kann schmerzen. Das bedeutet jedoch nicht, dass sein Trauma (und die Kränkung) auf die Eltern zurückzuführen ist, die etwas Gutes tun wollten.

Mit Ethik hat dies jedoch nur insofern zu tun, als dass die Motive der Adoptiveltern eine wichtige Rolle im Adoptionsprozess spielen und immer wieder Nährboden für allerlei unethische Praktiken bilden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen