Montag, 26. September 2011

Offener Brief einer Leserin

Guten Tag

Als erstes möchte ich Ihnen allen einfach von Herzen danken für diese einzigartige wertvolle Website. Sie sprechen sehr viel Wichtiges und auch Kritisches an, ohne dabei Auslandsadoptionen generell in Frage zu stellen.

Leider ist in meinen Augen eine Adoption ins Ausland nach wie vor für viele äthiopische Waisen halt doch noch die beste Lösung. Äthiopien ist aktuell wohl eher nicht in der Lage, seinen vielen Waisen eine gute Zukunft zu bieten. Ziel sollte es eigentlich sein, dass die Kinder auch in ihrem Herkunftsland eine Zukunft haben, so dass  Adoptionen ins Ausland nicht mehr notwendig sind. Damit dies eines Tage so sein könnte, müssten finanz- und wirtschaftsstarke Staaten ihren Teil dazu beitragen. Aber auch wir, Bewohner eines solchen Staates, können unseren Teil dazu beisteuern, indem wir ganz einfach nicht alles stillschweigend hinnehmen. In meinen Augen gehen wir mit der Adoption unserer Kinder auch eine Verpflichtung ein, die es zu erfüllen gilt.

Oftmals werden in der Öffentlichkeit Adoptiveltern viel zu einseitig als grosszügige Retter eines armen Waisenkindes oder als „egoistische Konsumenten“ eines begehrten Exportgutes betrachtet. In beide Schubladen möchte ich mich nicht stecken lassen.

Für seine Verpflichtungen einzustehen, ist in meinen Augen wesentlich einfacher bei einer guten Vernetzung, welche dazu beiträgt, dass man gut informiert ist und einen Gedankenaustausch pflegen kann. In der Praxis finde ich es immer wieder sehr schwierig an gute Infos heranzukommen. Diese sind auf ihrer Website zusammengetragen. Gratulation!!!!

In den vergangenen Jahren haben mein Mann und ich uns intensiv mit dem von uns eingeschlagenen Weg auseinandergesetzt. Dabei kamen u.a. Fragen zu Themen wie Umgang mit Traumatisierung von Adoptivkindern (EEH, Methode der emotionalen ersten Hilfe), Adoptivstillen, aber auch zur Haltung der äthiopischen Diaspora zu Adoptionen aus Äthiopien auf. Mit diesen Fragen fühlten wir uns oftmals alleine gelassen und hatten auch teilweise den Eindruck auf Tabus zu stossen. Des Weiteren fiel uns auf, dass wir an viele wichtige Informationen erst durch Zufall oder intensives Recherchieren kamen.

Da ich über  mehrere Jahre im Sozialbereich mit Jugendlichen gearbeitet habe und  dort wiederholt Adoptivkinder kennen lernen durfte, wurde mir doch sehr bewusst, wie wichtig es ist, gewisse Themen früh anzupacken und nicht erst, wenn die Probleme überhand nehmen. Das fängt in meinen Augen schon bei der eigenen Bewältigung und Trauerarbeit bzgl. der eigenen Kinderlosigkeit an.

Mit freundlichen Grüssen

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