Sonntag, 8. Mai 2011

Was steckt hinter der MOWA Entscheidung?

Anfang März 2011 entschied die äthiopische Regierung, die Zahl der Adoption von bislang 50 auf 5 am Tag zu reduzieren, um das Verfahren zu verbessern und die zugrunde liegenden Dokumentationen genauer zu prüfen. Was führte zu der Entscheidung? Um es vorweg zu nehmen: wir wissen es nicht. Die gesammelte Blogosphäre der Adoptionsaktivisten hat noch keine überzeugende Erklärung dafür gefunden. Es gibt jedoch eine Reihe von Erklärungsansätzen, die im Raum stehen:

1.   Es gibt eine Vermutung, dass die äthiopische Regierung die UN Konvention über die Rechte des Kindes aus ihren Schubladen ausgegraben hat und nun ernst nehmen möchte. Das erscheint in Anbetracht der Berichte über andauernde Menschenrechtsverletzungen in Äthiopien mehr als naiv.
2.   Eine andere Vermutung geht von einem zunehmenden Druck internationaler Organisationen aus. UNICEF steht den Adoptionsverfahren in Äthiopien kritisch gegenüber. Es ist jedoch keine Position bekannt, die offen mit dem Entzug von Hilfeleistungen droht.
3.   Die amerikanische Regierung könnte auch auf bessere Verfahren gedrungen haben. Sie steht einerseits unter massivem Druck der Adoptionslobby, andererseits haben sowohl die Botschaft als auch die Einwanderungsbehörde USCIS große Probleme mit der Verarbeitung offensichtlich fehlerhafter Adoptionsbeschlüsse.
4.   Über Machtkämpfe und Korruption innerhalb der äthiopischen Regierung weiß man wenig. Allerdings soll es im Familienministerium zu personellen Veränderungen gekommen sein.
5.   Zudem gibt es Konflikte der Regierung mit südäthiopischen Regionalverwaltungen, die der Regierung kritisch gegenüber stehen und in den internationalen Adoptionsverfahren neue Finanzierungsquellen sehen. Es gibt unbestätigte Gerüchte, dass die Zentralregierung mit der Reduzierung der Adoptionen aus Südäthiopien den Regierungskritikern eine Finanzquelle abschneiden möchte.

Je nach Motivlage kann man Rückschlüsse auf die Ernsthaftigkeit der Bemühungen der Regierung ziehen. Dabei wird schnell klar, dass eine Reduktion der Fallzahlen allein noch keine Reform in Gang setzt. Vielmehr besteht die Gefahr, dass durch geringere Vermittlungszahlen und ein gedrosseltes Engagement von Vermittlungsagenturen es zu verschärften Bedingungen der Kinder in Heimunterbringungen kommen kann, die dann durch eine neue Welle unregulierter Adoptionen beantwortet wird. Ob die Entscheidung von MOWA ein erster Schritt in die richtige Richtung oder vielmehr ein Ablenkungsmanöver war, bleibt weiter offen.

3 Kommentare:

  1. Viele Kinder in Äthiopien kommen erst in das Heim zum Zwecke der Auslandsadoption. Ich habe bspw. eine Organisation ( Aids- Hilfe) besucht, die früher Kinder für Auslandsadoption rekrutiert hat und heute die Kinder in der Gemeinschaft lässt und ein klein wenig finanzielle Unterstützung gewährt. Also, dass durch die Reduzierung der Fallzahlen nun gleich die Heime platzen ist so nicht richtig. Sicherlich sitzen jetzt viele für Adoption vorgemerkte Kinder in Heimen fest. Aber wieviele dieser Kinder könnten in Ihre Familien reintegriert werden? Oder in die Community?

    Wie definiert Ihr eigentlich eine " Ethische Adoption" ?

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  2. Es gibt nicht nur Transitheime sondern auch staatliche Kinderheime, in die verlassene und aufgegriffene Kinder gebracht werden, die früher vermittelt worden wären und nun wahrscheinlich nicht mehr vermittelt werden.

    Wir definieren eine ethische Adoption, als eine in der das Kindeswohl ganz strikt im Vordergrund steht. Also eine Einzelfallhilfe, wenn ansonsten nur eine Heimunterbringung die Alternative wäre. Ansonsten gehört dazu:
    dass die Herkunft des Kindes sowie seine Vorgeschichte umfassend und wahrheitsgetreu dokumentiert ist;
    dass keine finanziellen oder Elterninteressen im Vordergrund stehen;
    dass die Herkunftsfamilie umfassend informiert wird und die Rechte der Eltern respektiert werden;
    dass die adoptierende Familie umfassend betreut, beraten und informiert wird.

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  3. Die Transitheime in Äthiopien sind quasi formell gar nicht existent. Sie haben keine wirkliche staatliche Lizens. Genau genommen, dürften die Kinder erst in den Transitheimen sein, wenn die äthiopische Adoption vollzogen ist. ( die Praxis sieht anders aus)
    Formell sind alle Kinder in den Transitheimen - vor der Adoption- im staatlichen Kinderschutz, also die Vormundschaft haben die staatlich lizensierten Heime. In vielen Ländern, lassen Familien Ihre Kinder in "Heimen" aufwachsen. Meistens aus purer Not. Einige Familien geben auch Ihre Kinder in sogennante " Boarding Schools". Oftmals ist für die Familien der Unterschied gar nicht klar.
    Wir assozieren normalerweise mit " Heimen" "Waisenhäuser", in denen Kinder vor sich hingammeln und von Gott und der Welt verlassen sind.
    Jedoch ist dies irreführen. Die Kinder sind im staatlichen Kinderschutz gemäss Art 20 der UN Kinderrechtskonvention. Anonym 1

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