Donnerstag, 9. Februar 2012

Said - Unser Kind von fremden Eltern

Said ist das Kind einer Inderin und eines Afghanen, die als Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Seine Mutter geht kurz nach seiner Geburt zurück nach Indien; der Vater wird bei einem Unfall schwer verletzt, als Said drei Jahre alt war, und liegt seitdem im Wachkoma. Der Junge lebt bei der Familie des Onkels, die jedoch nicht bereit ist, ihn auf Dauer aufzunehmen.



Ute Mings und ihr Mann bewerben sich um ein Adoptiv- oder Pflegekind und nach langen Irrungen wird ihnen Said vorgestellt. Er ist sechs Jahre alt und Ute ist seine vierte Mutter. Ute Mings schreibt über die nachfolgenden Jahre intelligent und reflektiert. Vieles wird Adoptiveltern von älteren Adoptivkindern bekannt vorkommen: das Schwanken zwischen Nähe und Distanz; das Zurückfallen ins Kleinkindalter; die Motivationsprobleme in der Schule und die Suche nach Anerkennung.

Aus einem wilden und charmanten Kind wird ein störrischer und ablehnender Teenager. Viele der Auseinandersetzungen können Eltern von Teenagern - besonders von Jungen - generell bestätigen: die Selbstüberschätzung und Selbstzweifel, fehlende Einsicht, der Drang nach Freiheit und die Bedeutung der Bestätigung durch Freunde. Said ist vielerlei Hinsicht ein normaler Teenager; aber ein extremer. Er bringt den Eltern kaum Freude sondern viel Stress ein. Das Familienleben besteht aus Streit und Schulstress. Schulwechsel und Schulabbruch sind die Folge.

Das Buch beschreibt offen die Selbstzweifel der Autorin, die bis an den Punkt kommt, die Familie verlassen zu wollen, es aber nicht tut. Einmal fragt Said seine Mutter, was sie gerne gehabt hätte. Sie antwortet, sie hätte gerne mehr Geld gehabt, um ihn ein Internat zu schicken, wo er hätte lernen müssen. Er sagt darauf "Bloß nicht!"

Am Ende des Buches hat die Familie zu sich gefunden. Said hat zwar noch immer keine Arbeit und die Ausbildung als Schreiner scheitert an seinen Noten. Aber er hat sich gefangen und eine Freundin, die ihn stabilisiert. Die Konflikte haben sich gelegt.

"Said - Unser Kind von fremden Eltern" ist ein ehrlicher und offener Bericht über die Herausforderungen mit Kindern zu leben, die in ihren ersten Lebensjahren vernachlässigt und abgeschoben wurden und ihr Leben lang darunter leiden. Es ist gut geschrieben und lesenswert.    

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