Sonntag, 20. Mai 2012

Drei Schicksale

Die Schicksale von drei international adoptierten Kinder beherrschen zurzeit die Diskussion über ethische Adoptionen in den USA. Alle drei Geschichten sind sehr unterschiedlich, aber gleichermaßen traurig. Es geht bei diesen Fällen in erster Linie um menschliches Fehlverhalten, aber auch um die Frage, wie es verhindert werden kann.

Artyom Hansen ist ein aus Russland adoptierter Junge, der von seiner Adoptivmutter im Alter von sieben Jahren unbegleitet und mit einem Brief versehen nach Moskau geschickt wurde. In dem Brief stand, dass sie nicht mehr seine Mutter sein wolle. Der Junge wurde danach zum Spielball einer russisch-amerikanischen Auseinandersetzung, bei der zunächst alle Adoptionen ausgesetzt wurden. Er lebt seitdem in einem SOS Kinderdorf in Russland. In den USA wurde nun das gerichtliche Nachspiel entschieden. Adoptivmutter Torry Hansen wurde zur Zahlung von 150.000$ verurteilt. Darin enthalten sind Unterhaltszahlungen sowie eine Schadensersatzforderung der Vermittlungsstelle. Zwar wurde die Adoption in Russland annulliert; in den USA ist sie jedoch weiterhin Grundlage für Unterhaltszahlungen. Der Vermittlungsstelle wurden tatsächlich 40.000$ Schadensersatz zugestanden.

Anyelí Liseth Hernández Rodríguez wurde im Alter von zwei Jahren in Guatemala entführt und zur Adoption in die USA gebracht. Ihre Mutter suchte jahrelang nach ihrer Tochter und konnte sie ausfindig machen.  Ein Gericht in Guatemala verurteilte nicht nur diejenigen, die an dem Kinderhandel beteiligt waren sondern verfügte auch die Rückkehr der Tochter. Nun hat das amerikanische State Department reagiert und beschlossen, dass das Kind seinen Eltern nicht wieder zurückgegeben werden muss. Nach Angaben des State Departments sei zum Zeitpunkt der Entführung die Haager Konvention noch nicht ratifiziert gewesen. Daher finde sie in diesem Fall keine Anwendung.  Die Mutter versucht nun, die Herausgabe gerichtlich in den USA zu erreichen.

Kairi Abha Shepherd ist von Ausweisung nach Indien bedroht. Sie wurde im Alter von drei Monaten im Jahr 1982 in die USA adoptiert. Ihre Adoptivmutter starb 1991, ohne für ihre Tochter die amerikanische Staatsbürgerschaft beantragt zu haben. Das Kind kam in Pflege und wurde als Erwachsene straffällig. Sie kann nun in ein Land ausgewiesen werden, in das sie keine Verbindungen hat und dessen Sprache sie nicht spricht.

In allen drei Fällen gibt es ein zum Teil dramatisches Fehlverhalten von Adoptiveltern. In den Fällen von Artyom Hansen und Kairi Abha Shepherd waren die Adoptivmütter alleinstehend und mit ihren Kindern überfordert. (Das soll in keiner Weise das Verhalten von Torry Hansen entschuldigen.) Die ablehnende Haltung der Adoptiveltern von Anyelí Liseth Hernández Rodríguez gegenüber der leiblichen Mutter ist zwar verständlich aber falsch.

Alle drei Fälle sind zwar extrem aber keine Einzelfälle. Es gibt Schätzungen, dass bis zu 200 russische Adoptivkinder wieder nach Russland gebracht wurden. Auch Anschuldigungen von Kindesentführungen in Guatemala sind weiter verbreitet als man denkt. Ebenso sind eine ganze Reihe von amerikanischen Adoptivkindern von Ausweisung bedroht.

3 Kommentare:

  1. Ein vierter Fall: http://www.thereporterethiopia.com/News/iom-gives-sanctuary-to-abandoned-child.html#disqus_thread

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  2. Ich weiss nicht, warum Sie hier jeden Fall 'bejubeln', der Ihnen angebliche Beweise über systematisches unethisches Verhalen bei internationalen Adoptionen liefert. Ich kenne die Ursachen für Ihre Verbitterung nicht.

    Ich denke jedoch, dass sie Adoptivkindern, Adoptiveltern, Bedürftigen und möglichen Adoptionswilligen mit dieser Art der Aufbereitung der Thematik einen Bärendienst erweisen. Was benötigt wird sind Erkenntnisse aus systemstischen Daten und keine Einzelfälle. Nur so kann Kindern und Eltern wirklich bei einer Meinungsbildung und einer Sensibilisierung für das Thema geholfen werden.

    Alle vier hier genannten Fälle sind Härtefälle, in denen schwere Fehler von Vermittlungsagenturen und Behörden gemacht wurden. Dennoch sehe ich keinen Zusammenhang mit der Praxis in Deutschland. In Ihrem gesamten Blog dominieren Beispiele aus den Vereinigten Staaten, die überaus problematische Praxis dort ist bekannt (Auch die hier genannten Fälle geistern teilweise bereits seit Jahren durch das Internet). Beispiele aus Deutschland oder dem deutschsprachigen Raum fehlen. Das finde ich fachlich und inhaltlich sehr bedenklich. Für den Leser in deutscher Sprache ist das ehrlich gesagt auch enttäuschend und wenig hilfreich.

    Zuguterletzt: Es gibt auch positive Beispiele! Sogar sehr viele!

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  3. Ich stimme Ihnen zu, dass wir systematische Erkenntnisse brauchen. Wenn Sie Daten oder Studien dazu haben, würden wir sie an dieser Stelle sofort publizieren. In den USA gibt es viele problematische Fälle, aber auch eine gewisse Öffentlichkeit. In Deutschland gibt es sie nicht. Daher wissen wir nicht, wie problematisch die Praxis in Deutschland ist. Man bekommt einen ersten Eindruck, wenn man die Urteile der Familiengerichte zu abgelehnten Umwandlungs- und Anerkennungsanträgen liest. Systematisch ist das jedoch nicht.
    Im übrigen muss niemand diesen blog lesen. Er ist ein Angebot für all diejenigen, die sich für ethische Fragen in Internationalen Adoptionen interessieren. Und er hat rein gar nichts mit Verbitterung zu tun. Sondern mit Begegnungen, Erlebnissen und Beobachtungen, die einfach nicht unter der Rubrik 'ethisch einwandfrei' einzuordnen waren. Eine Verbesserung der Praxis erfolgt nur über Aufklärung, Öffentlichkeit und das Insistieren darauf, dass es auch besser gehen kann.

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