Donnerstag, 21. Juli 2011

Spielt das Alter eine Rolle?

Sollte es eine Altersgrenze für adoptierte Kinder geben? Im Prinzip gibt es keinen Grund, Adoptionen auf kleine Kinder oder gar Säuglinge zu begrenzen. Ältere Kinder haben oft eine natürliche Bindung mit ihren leiblichen Eltern erfahren und können daher neue Bindungen besser eingehen als solche, die ihre ersten Lebensmonate im Heim verbrachten.

Allerdings haben Kinder, die älter sind als sieben Jahre, kaum noch eine Chance vermittelt zu werden. In der Realität führt die Altersgrenze dazu, dass das Alter von älteren Kindern um bis zu drei Jahre nach unten manipuliert wird, um sie dennoch zu vermitteln. Mit schwerwiegenden Folgen.

Die Neun- bis Zehnjährigen, in der Regel Mädchen, die als angeblich erheblich jüngere Kinder adoptiert werden, sind häufig Opfer von Trennungen, Gewalt und Misshandlungen durch Stiefeltern, abgeschoben in die weitere Verwandschaft und zu harter Arbeit herangezogen. Von dort laufen sie weg und enden auf dem Merkato oder auf der Landstraße, wo sie von der Polizei und den örtlichen Behörden aufgegriffen werden. Sie haben schlimme Erlebnisse hinter sich, waren auf sich gestellt und mussten um ihr Überleben kämpfen.

Nun kommen sie in eine deutsche Familie, die zunächst das angegebene Alter glauben und dem Kind die Kindheit zurückgeben möchte, die es schon weitgehend verloren hat. Die Eltern stehen dem Autonomiebedürfnis und Misstrauen ihres Kindes hilflos gegenüber. Das Kind wird angeblich altersentsprechend in das erste Schuljahr eingeschult. Seine Schulkameraden sind behütete jüngere Kinder, deren Sprache es nicht spricht und deren Geschichten und Spiele ihm wenig sagen. Neben Sprach- und Lernschwierigkeiten kommt die nahende Pubertät und die damit verbundenen Machtkämpfe mit den Eltern, ohne dass das Kind jemals als Kind bei seinen Adoptiveltern wirklich ankommen konnte. Die Familie erlebt eine schwere Belastungsprobe, auf die sie in keiner Weise vorbereitet war, als sie sich für ein älteres Kind entschied.

Es ist ein fundamentaler Unterschied, ob ein Kind bei seiner Adoption sechs oder neun Jahre alt ist. Es ist kein Kavaliersdelikt, das Alter von Kindern nach unten zu manipulieren und die Herkunft dieser Kinder im Dunkeln zu lassen. Auch wenn grundsätzlich nichts dagegen spricht, auch Zehnjährige zur Adoption freizugeben und ihnen durch die deutsche Schullaufbahn zu helfen, müssen sich alle Beteiligte freiwillig und bewusst für diese Aufgabe entscheiden. Sie müssen sehr spezifisch darauf vorbereitet werden, um die richtige Einstellung zu ihrem Kind zu entwickeln. Damit sie nicht nicht unter Vorspiegelung eines angeblich jüngeren Kindes eine böse Überraschung erleben. 

1 Kommentar:

  1. Bei allem gebührenden Respekt für diese Auffassung, und ohne die Aussagen der Sache nach bestreiten zu wollen - ich musste beim Lesen doch erheblich schlucken.

    Die Perspektive,mitfühlend die Probleme der Eltern in den Blick nehmen zu wollen, in allen Ehren, aber dieser Beitrag liest sich meiner Meinung nach wirklich sehr einseitig. Das Leid des betroffenen Kindes, das nach einem schweren Schicksal in eine Situation kommt, die ihm in keiner Weise gerecht wird, sollte bei solchen Überlegungen meiner Ansicht nach nicht nur inhaltlich im Vordergrund stehen; auch die Formulierungen sollten der Tatsache gerecht werden, dass das KIND Opfer jeder unlauterer Machenschaft ist, die ihm sein Alter und seine Identität nimmt.

    Die Eltern sind als erwachsene Menschen in der Lage, ihre Enttäuschung und eventuelle Verletzungen über mangelnde Dankbarkeit, über Widerspenstigkeit, Unglück und Verzweiflung, über überzogen wirkende Ansprüche eines Kindes mit einer solchen Geschichte zu verarbeiten. Zumindest sollten sie es sein; und wenn sie es nicht sind, finden sie in der Regel jede Menge Mitgefühl und Bewunderung durch die Umwelt: "Nein, dass ihr das auf euch nehmt!" -

    Auf wessen Mitgefühl kann ein sprachloses Kind zählen, das sein inneres Elend nach Außen kehrt, sich dabei vielleicht rentent verhält und so ganz anders, als es die Umwelt von einem so genannten "Dritte Welt Kind" erwartet?

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