Mittwoch, 20. Juli 2011

Eine Reformagenda der Internationalen Adoption

Seit mehreren Jahren findet man Berichte über unethische Praktiken in der Vermittlung von Adoptivkindern aus Äthiopien in den Medien. Es gibt Hinweise von offiziellen Stellen darauf, dass im Land Strukturen entstanden sind, in denen Kinder aktiv und teilweise unter dem Einsatz krimineller Methoden zu Sozialwaisen gemacht werden, um sie ins Ausland zu vermitteln. Dabei ist das primäre Motiv vieler Beteiligter ein finanzielles, kein humanitäres. Es besteht eine wachsende Nachfrage nach Kleinkindern, und auch ältere Kinder werden aus bestehenden Familienverbänden zum Zweck der Adoption herausgegeben. Die Eltern hoffen, dass ihre Kinder durch eine Adoption ins Ausland Entwicklungschancen haben, die sie ihnen nicht bieten können. Um die Abgabe zu vereinfachen, werden Papiere gefälscht und falsche Angaben gemacht. Damit wird den Kindern ihre Herkunft geraubt und die Basis für eine neue Familienanbindung untergraben.

Als Adoptiveltern wissen wir, dass Äthiopien derzeit nicht in der Lage ist, für alle seine elternlosen Kinder vernünftig zu sorgen. Auslandsadoptionen sind Maßnahmen der Einzelfallhilfe, die jedoch das Problem von Armut und fehlender Entwicklung nicht lösen können - und das auch gar nicht wollen. Diese grundsätzlich sinnvolle Praxis der Einzelfallhilfe wird jedoch durch unethische Praktiken zunehmend unterlaufen.

Wir fordern die zuständigen Stellen auf, folgende Maßnahmen zu ergreifen, um kriminelle Praktiken (Kinderhandel, Betrug, Korruption, Urkundenfälschung) in Auslandsadoptionen zu bekämpfen:

  1. Adoptionen dürfen nur noch auf der Grundlage einer möglichst umfassenden und lückenlosen Dokumentation der leiblichen Familie des Kindes und der Umstände der Abgabe ins Heim erfolgen. Zeugenaussagen über die Abgabesituation müssen eingeholt und dokumentiert werden. Vermittlungsstellen sind für den Wahrheitsgehalt der Dokumentation verantwortlich. Gerichte und Jugendämter sind gehalten, diese Informationen von den Vermittlungsstellen einzufordern.
  2. Vermittlungsstellen sind zudem gehalten, im Regelfall Kontakte zwischen Adoptiveltern und Herkunftsfamilie herzustellen und aufrecht zu erhalten. Dies verhindert Falschaussagen über die Familiensituation und hilft dem Kind in seiner weiteren Entwicklung.
  3. Alle Zahlungen im Zusammenhang einer internationalen Adoption müssen belegt und gerechtfertigt sein. Zahlungen an Familien und Mittelsmänner für die Abgabe von Kindern müssen durch Kostentransparenz unterbunden werden. Unkostenerstattungen müssen dem realen Aufwand entsprechen. Ansonsten sind sie eine verdeckte Form des Kinderhandels.

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