Im dänischen Fernsehen wurde dieser Tage ein ungewöhnlicher Dokumentarfilm über eine gescheiterte Adoption aus Äthiopien ausgestrahlt, der im Land eine hitzige Diskussion entfachte. Mittlerweile haben die Adoptiveltern Polizeischutz beantragt.
"Mercy Mercy" erzählt eine wahre Geschichte einer Adoption von beiden Seiten, der äthiopischen und der dänischen Familie. Die Filmemacherin folgt den Familien über mehr als drei Jahre und stellt fest, dass für beiden Seiten die Adoption scheitert. Die leiblichen Eltern in Äthiopien sind mit dem HIV Virus infiziert und beschließen ihre Kinder abzugeben. Sie leiden in den folgenden Jahren unter ihrer Entscheidung, teils weil es ihnen gesundheitlich ganz gut geht, teils weil sie keine Nachrichten von ihren Kindern erhalten. Die dänischen Adoptiveltern sind mit dem älteren Mädchen überfordert und geben es in ein Heim. Die Ironie der Geschichte ist, dass das adoptierte Kind viel unnötiges Leid erleben musste und letztlich ein Schicksal erfuhr, vor dem es seine leiblichen Eltern bewahren wollten. Der Filmemacherin geht es darum zu zeigen, dass ein Teil der Adoptionsindustrie kommerzielle Interessen über menschliche Bedürfnisse stellt und unschuldige Kinder Opfer eines absurden Marktmechanismus werden.
Wenn man den bislang spärlichen Berichten über den Film folgt, dann sind die Kinder unmittelbar aus der leiblichen Familie in die Adoption überführt worden. Warum sie zu dem Zeitpunkt adoptionsbedürftig waren, dürfte heftig umstritten sein. Tatsache ist, dass viele äthiopische Adoptivkinder Halbwaisen sind und zumindest ein Elternteil haben, bei dem sie aufwachsen könnten. Den Eltern fehlt es in der Regel an Unterstützung. Eine Aidsinfizierung ist schon lange kein Todesurteil mehr und das Auseinanderreißen einer intakten Familie aufgrund einer Diagnose ist der eigentliche Skandal.
Der Skandal in Dänemark basiert jedoch auf dem Scheitern der Adoptivfamilie. Die Adoptiveltern kommen mit dem älteren Mädchen nicht zurecht. In einem Filmausschnitt sieht man, wie das weinende Mädchen sich an die Adoptivmutter schmiegt, die ihm mit versteinerten Gesicht die Tränen trocknet. Nach einem Zeitungsbericht bereuen die Eltern die Film nicht, weil sie so anderen Familien helfen würden. Sie fühlten sich mit ihren Problemen alleine gelassen.
Die Wut der dänischen Bevölkerung auf die Eltern ist nachvollziehbar. Erst adoptieren sie zwei Kinder aus einem fernen Land, die nicht wirklich eine neue Familie brauchten. Dann stellen sie sich auf die Traumatisierung ihres Kindes nicht ein sondern geben nach ein paar Jahren auf. Mit der zweiten Traumatisierung des älteren Kindes geht ein weiterer Schock für das jüngere Kind einher, das seine Schwester verliert. Und dann breiten sie das Ganze noch vor einer Kamera aus. Auch wenn die Abgabe des Kindes in bestimmten Konstellationen die einzige und damit beste Alternative sein kann, ist es mehr als naiv für die Veröffentlichung ihrer Geschichte Verständnis zu erwarten. Wie kann eine Familie im Überlebenskampf noch Zeit oder Energie für ein Kamerateam aufbringen?
Der Film kann potenziell eine wichtige Rolle in der Diskussion über die Probleme Internationaler Adoption spielen. Er legt den Finger gleich in mehrere Wunden: in die fehlende und mangelhafte Prüfung der Adoptionsbedürftigkeit vieler Kinder, in die Verharmlosung von Traumatisierung verlassener und abgegebener Kinder und die falschen Vorstellungen zukünftiger Adoptiveltern über ihre neue Familie. Ein mutiges Thema und ein potenziell wichtiger Film.*
* Ich habe den Film selbst nicht gesehen und kann daher nicht beurteilen, ob es auch ein guter Film ist. Alle Angaben beruhen auf Zeitungsberichten zum Film.
"Mercy Mercy" erzählt eine wahre Geschichte einer Adoption von beiden Seiten, der äthiopischen und der dänischen Familie. Die Filmemacherin folgt den Familien über mehr als drei Jahre und stellt fest, dass für beiden Seiten die Adoption scheitert. Die leiblichen Eltern in Äthiopien sind mit dem HIV Virus infiziert und beschließen ihre Kinder abzugeben. Sie leiden in den folgenden Jahren unter ihrer Entscheidung, teils weil es ihnen gesundheitlich ganz gut geht, teils weil sie keine Nachrichten von ihren Kindern erhalten. Die dänischen Adoptiveltern sind mit dem älteren Mädchen überfordert und geben es in ein Heim. Die Ironie der Geschichte ist, dass das adoptierte Kind viel unnötiges Leid erleben musste und letztlich ein Schicksal erfuhr, vor dem es seine leiblichen Eltern bewahren wollten. Der Filmemacherin geht es darum zu zeigen, dass ein Teil der Adoptionsindustrie kommerzielle Interessen über menschliche Bedürfnisse stellt und unschuldige Kinder Opfer eines absurden Marktmechanismus werden.
Wenn man den bislang spärlichen Berichten über den Film folgt, dann sind die Kinder unmittelbar aus der leiblichen Familie in die Adoption überführt worden. Warum sie zu dem Zeitpunkt adoptionsbedürftig waren, dürfte heftig umstritten sein. Tatsache ist, dass viele äthiopische Adoptivkinder Halbwaisen sind und zumindest ein Elternteil haben, bei dem sie aufwachsen könnten. Den Eltern fehlt es in der Regel an Unterstützung. Eine Aidsinfizierung ist schon lange kein Todesurteil mehr und das Auseinanderreißen einer intakten Familie aufgrund einer Diagnose ist der eigentliche Skandal.
Der Skandal in Dänemark basiert jedoch auf dem Scheitern der Adoptivfamilie. Die Adoptiveltern kommen mit dem älteren Mädchen nicht zurecht. In einem Filmausschnitt sieht man, wie das weinende Mädchen sich an die Adoptivmutter schmiegt, die ihm mit versteinerten Gesicht die Tränen trocknet. Nach einem Zeitungsbericht bereuen die Eltern die Film nicht, weil sie so anderen Familien helfen würden. Sie fühlten sich mit ihren Problemen alleine gelassen.
Die Wut der dänischen Bevölkerung auf die Eltern ist nachvollziehbar. Erst adoptieren sie zwei Kinder aus einem fernen Land, die nicht wirklich eine neue Familie brauchten. Dann stellen sie sich auf die Traumatisierung ihres Kindes nicht ein sondern geben nach ein paar Jahren auf. Mit der zweiten Traumatisierung des älteren Kindes geht ein weiterer Schock für das jüngere Kind einher, das seine Schwester verliert. Und dann breiten sie das Ganze noch vor einer Kamera aus. Auch wenn die Abgabe des Kindes in bestimmten Konstellationen die einzige und damit beste Alternative sein kann, ist es mehr als naiv für die Veröffentlichung ihrer Geschichte Verständnis zu erwarten. Wie kann eine Familie im Überlebenskampf noch Zeit oder Energie für ein Kamerateam aufbringen?
Der Film kann potenziell eine wichtige Rolle in der Diskussion über die Probleme Internationaler Adoption spielen. Er legt den Finger gleich in mehrere Wunden: in die fehlende und mangelhafte Prüfung der Adoptionsbedürftigkeit vieler Kinder, in die Verharmlosung von Traumatisierung verlassener und abgegebener Kinder und die falschen Vorstellungen zukünftiger Adoptiveltern über ihre neue Familie. Ein mutiges Thema und ein potenziell wichtiger Film.*
* Ich habe den Film selbst nicht gesehen und kann daher nicht beurteilen, ob es auch ein guter Film ist. Alle Angaben beruhen auf Zeitungsberichten zum Film.